Autor Andy Gilgen in Zusammenarbeit mit Karin Iten (KI)
Du hast gute Argumente. Du bist vorbereitet. Und trotzdem wirst du im Meeting übergangen, unterbrochen oder einfach ignoriert? Willkommen in der Welt der vertikalen Kommunikation.
Vertikale und horizontale Kommunikation sind zwei unterschiedliche Sprachsysteme.
Das erklärte mir kürzlich Reto Sollberger, unser Kommunikationstrainer und Kursleiter für das Tagesseminar «Stark und klar – Selbstbehauptung in Meetings». Die Grundlage dafür stammt vom Autor und Berater Dr. Peter Modler. In seinen Büchern «Mit Ignoranten sprechen» und «Wenn Höflichkeit reinhaut» zeigt er, wie man sich sicher in beiden Systemen bewegt. Sein Ansatz geht auf die Soziolinguistin Deborah Tannen zurück.
Denn, so Reto weiter:
«Es reicht nicht, was du sagst. Entscheidend ist, wie du sprichst – und in welchem System dein Gegenüber zuhört.»
Aber der Reihe nach:
Zwei Systeme, zwei Welten
Es gibt zwei Arten zu kommunizieren – im Meeting, beim Projekt-Check-in oder in der Kaffeepause.
Vertikal
In der vertikalen Kommunikation geht es um Rang und Revier. Zuständigkeiten müssen zuerst geklärt sein, bevor es inhaltlich werden kann.
Fragen wie:
Sachfragen sind im vertikalen System zweitrangig – solange die Ordnung nicht klar ist. Falls nötig, wechseln vertikale Vertreter/innen in die erste Eskalationsstufe: Basic Talk. Hier folgen kurze, banale und oft wenig originelle Behauptungen oder Unterbrechungen – gern mehrfach wiederholt.
Als nächste Stufe folgt der Move Talk:
Gesten und Bewegungen, die Dominanz oder Revier verteidigen – also nonverbale Kommunikation mit klarer Botschaft.
Spätestens hier sind horizontal denkende Menschen meist chancenlos. Sie bleiben in der Welt der Argumente, Daten und Fakten hängen – während das Gegenüber längst das Spielfeld gewechselt hat.
Wichtig: Vertikal kommunizierende Menschen wollen ihr Gegenüber nicht unbedingt übertrumpfen – sie wollen wissen, wo sie stehen. Erst wenn die Rangfrage geklärt ist, kehrt Ruhe und Gesprächsbereitschaft ein.
Horizontal
In der horizontalen Kommunikation stehen Inhalte und Zugehörigkeit im Vordergrund.
"Lass uns gemeinsam überlegen" ist das Motto.
Deine Idee zählt genauso wie meine.
Hier werden Zeichen von Gleichwertigkeit ausgetauscht. Sachliche Argumente sind wichtiger als Rang oder Status. Genau das ist auch der Stil, den wir in Ausbildung, Studium und in vielen Seminaren lernen.
Das Problem: Horizontal kommunizierende Menschen sind den Vertikalen oft brutal unterlegen – weil sie das System verkennen.
Ein typisches Beispiel: führungsloses Meeting.
Für vertikale Menschen ein Albtraum. Solange nicht klar ist, wer das Meeting leitet, können sie sich nicht auf die Sache konzentrieren.
Während die Horizontalen in schnellen Sätzen mit Zahlen und Fakten ihre Argumente vortragen, schalten die Vertikalen längst ab. Die für sie entscheidende Frage nach der Rangordnung bleibt unbeantwortet.
Also wechseln sie in den Basic Talk:
Kurze, teils plumpe Aussagen – langsam und wiederholt.
Noch ein Hinweis: Wer sich mit Position zuerst und Namen danach vorstellt, zeigt ebenfalls vertikales Kommunikationsverhalten.
Die drei Talk-Typen nach Modler
Dr. Peter Modler unterscheidet drei Gesprächsstrategien. Wer sie kennt, erkennt schnell, warum reine Argumente oft ins Leere laufen:
1. High Talk – für die Horizontalen
Hier wird diskutiert: sachlich, logisch, mit Argumenten, Zahlen und Fakten.
Lange Sätze, schneller Sprachfluss. Ziel: ein gemeinsamer Standpunkt.
Funktioniert nur, wenn das Gegenüber auch horizontal unterwegs ist.
Vertikale Menschen werten diesen Stil oft als Unsicherheit oder Schwäche.
2. Basic Talk – vertikal, direkt, klar
Kurze Aussagen wie:
"Das funktioniert nicht."
"Kann nicht sein."
"Frei erfunden."
Der Inhalt ist nebensächlich. Es geht um Reviermarkierung.
Antwortest du mit High Talk, hast du schon verloren.
👉 Besser: selbst Basic Talk.
"Doch, funktioniert."
"Klar geht das."
Mehr braucht’s nicht.
3. Move Talk – Körpersprache spricht lauter
Move Talk ist nonverbal.
Typische Merkmale:
Fester Blickkontakt
Aufrechter Stand
Langsame, überlegte Bewegungen
Raum einnehmen mit Gestik und Präsenz
👉 Reagiere ruhig. Halte Blickkontakt. Nimm Raum ein.
Nicht zurückweichen – Präsenz zeigen.
Und was heisst das jetzt für dich?
Viele Meetings wirken auf den ersten Blick offen und horizontal.
Doch ohne klare Leitung entsteht ein Vakuum – und das füllen die Vertikalen.
Nicht aus Arroganz, sondern aus innerem Bedürfnis nach Struktur.
Wenn niemand die Führung übernimmt, übernehmen sie eben selbst.
Wer Meetings moderiert, sollte deshalb das System erkennen – und bewusst führen.
Sonst geht’s ins Chaos.
Und wie lernst du das?
Wie du das Ganze gezielt und praxisnah trainierst, zeigt dir Reto Sollberger im Tagesseminar:
Stark und klar – Selbstbehauptung in Meetings
Hier geht’s zum Kurs:
Ich möchte mein Zeitmanagement und meine Arbeitsorganisation verbessern.